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MMMM Markus Mittwoch Manuskript Meeting
Markus‘ Mittwoch Manuskript Meeting Literaturagentininterview mit Micha Gröner von erzähl:perspektive

Markus‘ Mittwoch Manuskript Meeting Literaturagentininterview mit Micha Gröner von erzähl:perspektive

In meiner Geheimidentität arbeite ich als Programmierer für eine Firma, die einen Sitz hier in Mittelhessen hat. Die andere Hälfte und unsere Schwesterfirma sitzen in der Maxvorstadt in München und wenn ich mal dort bin, bin ich auf dem Weg vom Hotel ins Büro immer an einem „Laden“ vorbeigekommen, der mich wegen der vielen Bücher darin fasziniert hat. Als ich dann versucht hatte meinen Roman bei Literaturagenten anzupreisen, stolperte ich dann auf der Webseite der erzählperspektive genau über dieses Büro. Genutzt hat es mir nichts, meine erste Absage kam von der Agentur, aber sie war höflich und wertschätzend, was (leider) nicht selbstverständlich ist.

MARKUS: Hallo, danke, dass du dir die Zeit für die Fragen nimmst.

MICHA: Ich habe zu danken für Dein Interesse an unserer Arbeit – und sorry noch mal für die Absage; wir bemühen uns zumindest immer um ein wertschätzendes Feedback, auch wenn wir vielen zu unserem Bedauern kein Vertretungsangebot machen können.

MARKUS: Wenn ich richtig informiert bin, war der Buchmarkt schon vor Corona im Umbruch. Lockdown und die Einschränkungen von persönlichen Kontakten erschweren die Arbeit in Berufen, in denen „das echte“ Treffen einfach wichtig ist. Habt ihr mittlerweile so etwas wie eine neue „Normalität“ oder seid ihr in einem Krisenmodus/erfindet ihr euch neu?

MICHA: An und für sich haben wir uns ganz gut mit der Situation arrangiert, aber natürlich fiebern wir auf den Zeitpunkt hin, zu dem persönliche Treffen und Live-Events wie unsere Werkstattlesungen wieder möglich sein werden. Der Job selbst läuft dank der digitalen Workarounds weiterhin gut, wofür wir unfassbar dankbar sind. Es ist ein wenig anstrengender als früher, weil gefühlt das ganze Jahr über Messe ist, aber das ist angesichts der vielen schlimmen Schicksale in dieser Pandemie nichts, worüber man auch nur ein Wort verlieren müsste.

MARKUS: Als ich mir eine Liste angelegt habe, welche Literaturagenturen ich anschreiben möchte, habe ich bewusst alle weggelassen, die das Exposé in Papierform erwarten. Einmal, weil ich sehr IT-affin bin, aber auch wegen der Kosten, die mich etwas abgeschreckt haben. Wenn man aber weiß, dass Agenturen (und Verlage) spätestens seit Corona in Exposéeinsendungen untergehen, frage ich mich, ob das nicht eine sinnvolle Hürde wäre?
MICHA: Nein, ich glaube, das ist schon aus Klimaschutzgründen kein guter Gedanke. Unsere Erfahrung aus früheren Hardcopyzeiten nach fällt die Zahl der Einsendungen nur unwesentlich geringer aus, hinzu kommt, dass Autor:innen oft nicht nur Papier, sondern auch diverses Heftmaterial, garniert mit Konfetti, Teebeuteln, Buchstabensuppen etc. mitgeschickt haben. Davon abgesehen, lese ich viel auch viel unterwegs auf Handy oder Pad, habe also mein digitales Stapelchen in U-Bahn oder Wartezimmer immer dabei.

MARKUS: Liest du Exposés digital oder druckst du sie aus?

MICHA: Beruflich lese ich rein digital.

MARKUS: Vermutlich macht das jeder Literaturaturagentin anders. Lest ihr einen kompletten Romanentwurf, bevor ihr das Manuskript Verlagen anbietet oder habt ihr noch eine andere Qualitätskontrolle?

MICHA: Wenn ein Manuskript komplett vorliegt, lesen wir es natürlich und lektorieren zumindest die Leseprobe vorab, um die Vermittlungschancen zu optimieren, das gehört zum Service. Unfertige Texte prüfen wir zwar, sofern wir zumindest eine repräsentative Leseprobe bekommen, wir bieten sie aber oftmals zu diesem frühen Zeitpunkt noch nicht an. Wenn wir ein Vertretungsangebot machen, helfen wir bei der Projektausrichtung und begleiten den Prozess der Fertigstellung.

MARKUS: Anna Mechler, von der Agentur Lesen und Hören, hatte als eine kuriose Geschichte die Einsendung einer Rolle Toilettenpapier als Exposé. Was war die kreativste Einsendung bei euch?

MICHA: Uff! Daher also die Engpässe letztes Jahr, jetzt wird mir einiges klar! ;) Spaß beiseite: Ehrlicherweise sind die kreativsten Einsendungen für mich die Texte selbst, wenn die Autor:innen ihre Mühe hierauf verwenden, hinterlässt das am meisten Eindruck.

MARKUS: Was ist deine schönste Erinnerung als Literaturagentin?

MICHA: Das sind ganz, ganz, ganz viele. Beispielsweise all die unbeschreiblichen Glücksmomente, wenn wir einen Verlag für ein Projekt begeistern konnten, dass es besonders schwer hatte. Natürlich freuen wir uns über jedes vermittelte Buch, aber es gibt schon auch Schmerzenskinder, deren Entbindung man lang herbeigesehnt hat. Dann natürlich jedes einzelne Lob, jedes liebe Wort, das unseren Agenturalltag schöner macht. Unsere Werkstattlesungen, wo wir mit unseren Autor:innen das Erreichte feiern, das ausgelassene Wiedersehen auf den Messen … Es ist einfach ein sehr persönlicher Job mit unglaublich viel Endorphin, und ich würde keinen anderen lieber machen.

MARKUS: Welche Tipps hast du für (Jung)Autoren bezüglich Wege in den Beruf Schriftsteller?

MICHA: Das Wichtigste ist mit Sicherheit: viel lesen, scharf beobachten, gut zuhören. Die eigene Wahrnehmungsfähigkeit in jeder Hinsicht zu schulen. Mit ihr wächst automatisch auch die Fähigkeit, sich auszudrücken. Ansonsten gilt mein Lieblingsmotto: Nicht nörgeln und schnörkeln, sondern lachen und (weiter)machen!

MARKUS: Welchen Teil deiner Tätigkeit als Agentin magst du am meisten? Welchen am wenigsten?

MICHA: Ich mag eigentlich alle Aufgaben gleichermaßen gern. Was ich sehr genieße, ist, dass hier auch nach fast fünfzehn Jahren noch alles in unserer Hand ist: das Kerngeschäft der Entwicklung, Vermittlung und Betreuung von Projekten, aber auch das ganze Drumherum, vom Social-Media-Auftritt bis zum Schaufensterputzen. Irgendwas gibt es also immer zu tun in diesem Affenstall, und solange alle mit Good Vibes dabei sind, macht das ungemein Spaß.

MARKUS: Liest du privat anders?

MICHA: Definitiv. Ich lese viel Entlegenes, Experimentelles, Klassisches, während ich ja beruflich ja sehr viel Genre mache. Aber ich genieße beides in seiner Verschiedenheit.

MARKUS: Schreibst du selbst?

MICHA: Nein, abgesehen von ein paar Kleinformen hie und da, die im Zusammenhang mit meinen Bildern stehen und mit denen ich sonst nichts weiter vorhabe. Tatsächlich stecke ich alles diesbezügliche Kreativpotenzial in die Projektentwicklung und -begleitung, zum Bücherschreiben fehlt mir schlicht die Zeit, und ich möchte da auch bewusst einen gewissen Höflichkeitsabstand zu meinen Autor:innen einhalten. Aber ich male leidenschaftlich, meist mit Öl oder Acryl, das brauche ich zum Ausgleich.

MARKUS: Liest du mit Musik oder muss es still sein? Falls mit: welche?

MICHA: Ich liebe Musik sehr, aber fürs Lesen benötige ich Stille. Anders beispielsweise beim Malen: Da läuft meist ein wüster Crossover aus Blues, Punkrock und Klassik.

MARKUS: (privat) EBook oder eines aus Papier?

MICHA: Privat immer Papier, schon um die beiden Sphären zu trennen.

MARKUS: Welches Buch hast du als Letztes gelesen?

MICHA: Dmitrij Kapitelman, Eine Formalie in Kiew; parallel dazu Sigmund Freud, Zwei Kinderneurosen.

MARKUS: Welches Buch hast du nicht fertiggelesen?

MICHA: Ich habe bis jetzt noch jedes angefangene Buch fertiggelesen. Ich überlege bei der Auswahl sehr genau, aber wenn ich mich mal auf ein Buch eingelassen habe, gebe ich ihm auch bis zum Schluss eine faire Chance. Das liegt vermutlich daran, dass ich beruflich gezwungen bin, die Lektüre meist sehr früh abzubrechen. Zumindest privat erlaube ich mir den Luxus, mich auch einmal mit etwas auseinanderzusetzen, das Widerstände bietet, an denen man wachsen kann.

MARKUS: Abschließende Worte?

MICHA: Einfach danke für Deine spannenden Fragen. Ich wünsche euch allen, lesend wie schreibend, immer ganz viel Begeisterung für dieses wunderbare Medium Buch, dann findet sich ganz bestimmt auch der Rest.

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