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Ist das Leben nicht schön? – The Greatest Gift!

Ist das Leben nicht schön? – The Greatest Gift!

Schaut man sich amerikanische Filme oder Folgen von Serien an, die um die Weihnachtszeit spielen, sieht man auf Fernsehern im Hintergrund oft einen Schwarz-Weiß-Film. Manchmal ist es sogar weniger subtil und der Film wird zitiert oder persifliert. Auch im deutschen TV-Programm hat er mittlerweile einen jährlichen Sendeplatz zu Weihnachten: „Ist das Leben nicht schön?“ („It’s a Wonderful life“) von Frank Capra. Ich habe ihn das erste Mal mit zwölf oder dreizehn gesehen und ich glaube, der Film hat mich vermutlich mehr beeinflusst, als es mir selbst bewusst war.

The Greatest Gift – Kurzgeschichte von Philip von Doren Stern

Die Verfilmung basiert auf der Kurzgeschichte „The Greatest Gift“ von Philip von Doren Stern, die sich um George Pratt dreht, der sich das Leben nehmen möchte. Von einem namenlosen Fremden bekommt er gezeigt, wie sich das Leben der Menschen um ihn herum ohne ihn entwickelt hätte. Da seine Agenten die Kurzgeschichte nicht verkaufen konnte, druckte und veröffentlichte er sie selbst und verschickte sie als Weihnachtsgruß. Wohl über Cary Grant gelang die Geschichte an Frank Capra, der das Potenzial der Geschichte erkannte und sich die Filmrechte sicherte. Der Plot wurde für das Drehbuch erweitert und 1946 erschien der Spielfilm mit James Stewart als George Bailey und Donna Reed als seine Frau.

Der Plot von “Ist das Leben nicht schön?”

Am Anfang hört man, wie verschiedene Menschen für George beten und dem Engel (zweiter Klasse) Clarence wird der Befehl erteilt, sich um George zu kümmern. Für den Engel ist es die Gelegenheit, seine Flügel zu bekommen, aber mehr dazu später.

In Rückblicken werden verschiedene Stationen des Lebens von George Bailey gezeigt: Er rettet seinen Bruder vor dem Ertrinken, bewahrt einen Apotheker davor, aus Versehen einen Kunden zu vergiften, und immer wieder nimmt er sich zurück, um anderen Möglichkeiten zu eröffnen: Der eigene Collegebesuch? Unterlässt er um die Bauspargenossenschaft der Familie (Building & Loan) zu retten. Für ihn geht sein Bruder aufs College, mit dem Plan bei seiner Rückkehr die Leitung der Building & Loan zu übernehmen. Ein guter Freund verlässt das beschauliche Bedford Falls, um groß Karriere zu machen, während George zumindest seine Jugendliebe Mary heiraten kann. Die geplanten Flitterwochen opfert er dem Kampf gegen Henry F. Potter, einer Ebenzer-Scroogeesquen Figur, der sich die Bank unter den Nagel gerissen hat, und der versucht auch die Building & Loan zu schlucken. Sein Bruder bekommt nach dem College ein Angebot seiner Schwiegereltern und überlässt George weiterhin die Leitung der Building und Loan. Auch der Versuch Potters, ihn mit einem hohen Jahresgehalt zu locken, widersteht er. Durch die Schusseligkeit seines Onkels Billy, der am Heiligabend 8000 Dollar verliert, gerät die Building & Loan an den Rand des Bankrotts und George sieht keinen Ausweg mehr. 

Er steht auf einer Brücke, schaut in den kalten Fluss und bevor er selbst springen kann, sieht er, wie ein Mann hineinfällt. George rettet ihn und es stellt sich heraus, dass es Clarence ist, der die Aufgabe hat, sein Schutzengel zu sein. Er gewährt George den Wunsch „nie existiert zu haben“. Sie ziehen durch das stark veränderte Bedford Falls, das nun Potterville heißt, da niemand dem gierigen Mann die Stirn bieten konnte und auch sonst hat sich das Leben vieler Menschen sehr verändert: Sein Bruder wurde nicht gerettet und ist ertrunken, der Apotheker wurde wegen der Vergiftung verurteilt und ist ein gebrochener Mann, seine Frau eine einsame Jungfer, seine Mutter eine verhärmte alte Frau und die Liste lässt sich fortsetzen.

Am Ende bittet er seinen Engel, dass er sein altes Leben wiederhaben möchte. Seine Verzweiflung wandelt sich in pure Freude, weil seine Freunde und Familie sofort zur Hilfe geeilt kommen, als sie hören, dass er sie braucht.

Zitate aus dem Film von Frank Capra

Neben dem berühmten Satz „Jedes Mal, wenn ein Glöckchen klingelt, bekommt ein Engel seine Flügel“ bleiben zwei weitere Zitate hängen:

„Ein Mensch, der Freunde hat, ist nie ein Versager!“ 

(Widmung, die der Engel Clarence in einer Ausgabe von Mark Twains Tom Sawyer für George hinterlässt) 

„einen Toast auf meinen großen Bruder George, den reichsten Mann der Stadt“

(Toast ausgesprochen durchs George Bruder, der damit die sozialen Bindungen von George meint)

Ein Weihnachtsfilm als Kapitalismuskritiker?

Aber schauen wir von anderer Seite auf die Geschichte: Trotzdem Capra konservativer Republikaner war, hielt er nicht mit seiner Kritik vor manchen Ausformungen des Kapitalismus zurück und im Film ist das besonders deutlich bei der Beschreibung der Figur des Henry F. Potter. Das FBI warnte deshalb auch vor dem Film. Die gewählte Darstellung der Oberschicht wäre eine typische Diskreditierung durch Kommunisten. Diese Aussagen sollte man aber auch mit dem Hintergrund der Zeit sehen: Nach dem Zweiten Weltkrieg verschob sich der Fokus auf den Kalten Krieg.

Evolutionäre Organisationen in den Vierzigern?

Greift „Ist das Leben nicht schön?“ evolutionären Organisationen vor? Dies kann man mit einem recht eindeutigen „Nein“ beantworten. Aber es stellt zwei Systeme gegenüber, bei dem einmal wenige profitieren, während beim anderen durch ein gemeinsames Miteinander (in der Firma, in der ich arbeite, als „mitananda“ bezeichnet) alle vorankommen.

George Baileys Handeln wirkt oft naiv und seine Rücksicht auf andere für Karrieristen vermutlich unverständlich. Aber er besitzt Eigenschaften, mit denen er gut in einer evolutionären Organisation bestehen könnte: Er agiert transparent, integer, wertschätzend und übernimmt Verantwortung. Es geht ihm um die nachhaltige Entwicklung seiner Heimatstadt und nicht um den schnellen Profit.

Pay it forward! – Gebe es weiter!

Wenn er andere unterstützt oder ihnen hilft, fragt er nicht, was er davon hat. Dieses Prinzip wird Jahre später durch Cathryn Ryan Hyde im Roman „Pay it Forward“ aufgegriffen, dessen Verfilmung mit dem Titel „Das Glücksprinzip“ in Deutschland zu sehen war. „Pay it forward“ besagt dabei, dass man nicht nach „quid pro quo“ vorgeht und eine Gegenleistung erwartet, sondern dass die Reaktion von jemand vollkommen anderem kommen kann. 

„Ist das Leben nicht schön?“ Ist vermutlich der Film, den ich, neben den Star Wars Filmen, am häufigsten gesehen habe und jedesmal, wenn ich ihn sehe, bin ich am Ende zu Tränen gerührt. Diese Welt braucht viel mehr George Baileys!

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